Autorin: Noreen Naranjos Velazquez (www.conevo-vip.de)
Bild: pixabay.com

Weltweit ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, welche Fälle häuslicher Gewalt unentdeckt lässt. Umso wichtiger ist es, jeden Tag durch einen aufmerksamen Umgang mit Kindern deren innere Widerstandsfähigkeit zu stärken. Bekannt ist letzteres auch unter dem Begriff der Resilienz. Dieser Beitrag dient der Blickschulung, um eigenes Handeln in der Kita-Praxis reflektieren zu können.


Gewalt in der Familie
Häusliche Gewalt hat verschiedene Gesichter. Neben direkter körperlicher, sexueller oder seelischer Gewalt beziehungsweise Vernachlässigung gehören auch indirekte Gewaltformen dazu. Letzteres liegt beispielsweise dann vor, wenn Kinder in einem Umfeld aufwachsen, in dem elterliche Partnerschaftsgewalt zum alltäglichen Leben dazugehört.


Resilienz: innere Widerstandsfähigkeit

Einerseits gibt es Kinder, die noch im Jugend- oder Erwachsenenalter sehr stark mit eigenen Kindheitserfahrungen aufgrund von Gewalt in der Familie kämpfen müssen. Im Idealfall konsultieren sie hierfür Beratungsstellen vor Ort, die mit speziell geschulten Mitarbeitern arbeiten, um eigene Erlebnisse verarbeiten zu können.

Andererseits gibt es auch Kinder, die anscheinend unbeeinflusst von den traurigen Geschehnissen, ihr Leben meistern. Seit einigen Jahren ist bekannt, dass eben diese Personen über eine starke, innere Widerstandsfähigkeit verfügen. Dies bedeutet, sie beschritten dennoch ihren Weg ohne Einschränkungen oder gar Entwicklungs- beziehungsweise Verhaltensauffälligkeiten.


Weg zur Resilienz

Die Frage nach dem „Warum?“ lässt sich beispielsweise mithilfe der Idee von Resilienz beantworten. Wie entsteht Resilienz jedoch konkret? Einen großen Einfluss haben beispielsweise gute und zuverlässige Beziehungen zu Erwachsenen. Dabei handelt es sich bei Fällen häuslicher Gewalt zum Großteil nicht um Eltern, sondern um andere Bezugspersonen außerhalb der Familie. Hierzu zählen beispielsweise ErzieherInnen oder andere Fachkräfte.

Daraus folgt, dass in der Praxis die Qualität der Beziehung zu ErzieherInnen eine wichtige Rolle spielt. Qualitativ hochwertig ist dies beispielsweise, wenn Kinder sich sicher fühlen und Lust auf Erkundung des Alltags – beim Spielen, Basteln, … –
bekommen. Hierzu gehören aber auch klare Strukturen und deutlich kommunizierte Konsequenzen, bei nicht Einhalten von Regeln beispielsweise: „Wer beim Anstellen an der Tür um den ersten Platz drängelt, der geht ganz nach hinten.“


Diese Idee stammt aus unserer Praxismappe "Hygiene und Sexualität" aus dem Spiel- und Lernpaket "Das bin ich! – Entdeckungsreise Körper: Hygiene und Sexualität".


Tipps für die Praxis
Neben dem für Kinder klar überschaubaren Rahmen gibt es weitere Aktivitäten, die im Kita-Alltag immer wieder auftauchen. Hierbei geht es vor allem um solche, welche allen Kindern die Möglichkeit bieten, sie selbst zu sein und sich nicht ‚verstecken‘ zu müssen.

Grund hierfür ist, dass beispielsweise Opfer häuslicher Gewalt ab einem gewissen Punkt anscheinend unempfindlich gegenüber Schmerz werden. Dies bedeutet, es scheint, sie schalten ab und existieren lediglich wie ein Roboter. Mithilfe der nachfolgenden Ideen, können alle Kinder der Gruppe – unabhängig von möglichen Gewalterfahrungen – gestärkt aus der Kita gehen.

An dieser Stelle sei vorab darauf hingewiesen, dass es nicht immer Fälle häuslicher Gewalt sein müssen. Auch unvorhersehbare Dinge des Lebens, wie Unfälle, Tod oder andere Schicksalsschläge, werden von resilienten Kindern oder Erwachsenen langfristig besser verarbeitet.

(1)     Gefühle wahrnehmen, beschreiben und zeigen
Der Morgenkreis bietet sich an, jedem Kind die Möglichkeit zu geben, über seine aktuellen Gefühle zu sprechen. Gern genutzt wird hierzu beispielsweise ein Gefühlsbarometer oder eine Gefühlsuhr. Für die Jüngsten im U3-Bereich eignet sich hierzu, anstatt von Begriffen wie traurig, fröhlich, aufgeregt, die Nutzung von bildlichen Darstellungen, wie beispielsweise Sonne, Wolke oder Gewitter. Gefühle können auch mithilfe von Liedern oder Spielen zum Thema beschrieben beziehungsweise gezeigt werden.

(2)     Das Neinsagen
Neinsagen gehört auch zu einer wichtigen Fähigkeit, welche Kinder stark werden lassen. Hierzu gehört nicht nur das Neinsagen zu bestimmten Nahrungsmitteln, sondern vielmehr auch zu Aktivitäten oder Spielen, die von einem Kind beispielsweise nicht erwünscht sind. Das bedeutet, es empfiehlt sich, Kindern auch die bewusste Entscheidung zu überlassen, ob sie am gemeinschaftlichen Spiel teilnehmen möchten oder eben nicht.

Neinsagen kann auch dann wichtig werden, wenn sich ein Kind beispielsweise einem anderen zu sehr nähert. In Fällen wie diesen hat es sich bewährt, dass alle Kinder der Gruppe ein einheitliches Handzeichen „Stopp“ kennen. Dies ermöglicht den flexiblen Einsatz und hat gleichzeitig den Vorteil, dass sich alle Kinder der Bedeutung bewusst sind.

(3)     Selbst bestimmen
In vielen Situationen können wir Kindern die Chance geben, selbst zu wählen: „Wasser oder Tee?“ „Möchtest du mit uns malen oder lieber mit den Bausteinen spielen?“ Hierzu gehören auch all jene Momente, in denen der eigene Charakter oder die Persönlichkeit zur Geltung kommt. Beispielsweise gibt es Kinder, die morgens nicht so gut gelaunt sind. Hierfür sollten sie Raum bekommen. Auch in der Pflegesituation mit den Jüngsten kann ein Gefühl von Selbstbestimmung präsent sein: „Möchtest du die Windel selbst abmachen oder soll ich dir helfen? Möchtest du selbst auf den Wickeltisch klettern oder soll ich dich hochheben?“ (wenn Kletterhilfe vorhanden).


Mehr Ideen gibt es in unserem Gesamtprojekt "Das bin ich! – Entdeckungsreise Körper".


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